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[3] Das Asthma bronchiale stellt eine chronisch-entzündliche obstruktive Erkrankung der Atemwege dar, die auf einer Hyperreaktivität des Bronchialsystems basiert und durch anfallsweise auftretende Atemnot gekennzeichnet ist.
Diese Hyperreaktivität des Bronchialsystems zeigt sich in drei verschiedenen Formen:
- Bronchokonstriktion / Bronchospasmus der glatten Bronchialmuskulatur
- Ödematöse Schwellung der Bronchialwand
- Gesteigerte Sekretion (Hyperkrinie) von zähflüssigem Schleim (Dyskrinie)
[2] Das Alter der Erstdiagnose ist im Gegensatz zu COPD-Patienten variabel und häufiger sind Kinder und Jugendliche betroffen. Weiterhin unterschiedlich zu COPD-Patienten: der Verlauf von Asthma ist i.d.R. eher episodisch und nicht progredient.
[2] Die Asthmaformen lassen sich wie folgt unterteilen:
- allergisches Asthma (extrinsisches Asthma)
- nicht-allergisches Asthma (intrinsisches Asthma); i.d.R. durch Entzündung
[1][2][3] Ursachen für das Asthma bronchiale können sein:
- Allergenexposition
- Entzündung der Atemwege
- anstrengungsbedingte Bronchokonstriktion
- genetische Faktoren
- CAVE: Betablocker und ASS können ebenfalls begünstigen
- insbesondere nicht-selektive β-Blocker (z.B. Propranolol, Nadolol, …) verhindern über eine Blockade des β2-Rezeptors die Bronchodilatation, wodurch asthmatische Exazerbationen ausgelöst werden können
Symptomatik
[1] Ein asthmatischer Anfall stellt sich vorrangig durch eine Dyspnoe und Tachypnoe dar, oftmals mit einem ausgeprägten Hustenreiz und tachykarder Herzfrequenz (HF >100/min). Auch kann durch den Patienten ein thorakales Engegefühl geäußert werden, sowie Panik.
Patienten versuchen i.d.R. eine für sie passende Position zur Reduzierung der Atemanstrengung zu finden, weswegen man diese oft im Kutscher-Sitz antrifft. Hierbei ist der Patient meist sitzend auf einem Stuhl oder Bett mit den Beinen am Boden und den Oberkörper vorgebeugt anzutreffen.
[1] Auskultatorisch können sich ein Giemen und exspiratorischer Stridor darstellen, welche ebenfalls Aufschluss auf eine Verlegung der unteren Atemwege geben.
[1] Sollte der Anfall bereits weit fortgeschritten sein, kann sich der Patient in den sogenannten Status asthmaticus begeben. Ein besonders fulminanter Asthmaanfall, welcher sich therapeutisch schwer durchbrechen lassen kann.
[1] Typisch der Symptomatik eines Status asthmaticus sind eine flache Atmung, frustrane Atemarbeit, Zyanose, Hypotonie, Bradykardie, Vigilanzminderung bis Koma. Auskultatorisch kann man eine silent lung bzw. ein silent chest wahrnehmen. Dieses Phänomen tritt aufgrund akuter Überblähung der nicht ausatmenbaren Luft in der Lunge auf, wodurch alle Atemgeräusche nicht mehr als hörbar wahrgenommen werden können.
Diagnostik
Anamnese
Um eine gute Verdachtsdiagnose stellen zu können bedarf es einer guten Anamnese, welche sich auf das Nötigste beschränkt (vorausgesetzt der Patient ist zu atemnötig). Besondere Aufmerksamkeit bekommen folgende Punkte:
- SAMPLER
- Symptoms (z.B. Atemnot, Panik…)
- Allergies (z.B. Staub, Tiere, Nahrungsmittel…)
- Medication (ASS, Betablocker)
- Patient History (z.B. Neurodermitis, Asthma…)
- Last (Getränke, Nahrung)
- Event (z.B. Kontakt mit Tieren, Pflanzen, Nahrungsaufnahme, Belastung…)
- Risk Factors (positive Familienanamnese)
- OPQRST
- Onset (plötzliches Einsetzen während: frühen Morgenstunden, während sportlicher Aktivität…)
- Provocation
- Quality
- Radiation
- Severity
- Time (seit Eintritt progredienter Verlauf)
[1][2] Differentialdiagnosen
- COPD
- z.B. Nikotinanamnese
- i.d.R. ≥50 Jahren
- Bolusgeschehen
- i.d.R. inspiratorischer Stridor, kein exspiratorischer Stridor
- dekompensierte LH-Insuffizienz
- Auskultationsbefund: feuchte Rasselgeräusche
- Vorerkrankungen: i.d.R. Artherosklerose u. KHK, optional Diabetes mellitus
- Risikofaktoren: Adipositas, Rauchen
- Lungenarterienembolie
- Auskultationsbefund: i.d.R. normal
- Körperliche Untersuchung: Zeichen einer TVT
- [1][6] Vocal-Cord-Dysfunction
- oftmals vorangegangenes saures Aufstoßen mit perakuten Eintritt der Atemnot, welche als „schwer überwindbarer Widerstand bei Einatmung im Halsbereich“ beschrieben wird
- selbstlimitierend
- keine Besserung durch Inhalativa
Präklinische Therapie
- [5] Basismaßnahmen
- Oberkörperhochlagerung
- Beruhigung
- Lippenbremse
- Sauerstoffgabe
- [5] Medikamentöse Therapie
- β2-Sympathomimetika (inh.)
- CAVE: Kontraindikationen beachten (vorrangig HF >150/min oder TAA)
- [4] CAVE: Alter des Patienten beachten; eventuelles Ausweichen auf Adrenalin (inh.) mit NaCl verdünnt
- Parasympatholytika (inh.)
- CAVE: Alter des Patienten beachten
- Glucocorticoid (Prednisolon i.v.)
- β2-Sympathomimetika (inh.)
- [4][5] Weiteres (wenn nötig)
- NIV Beatmung – CPAP
- aufgrund führender Ventilationsstörung, profitiert Patient von einer Druckunterstützung bei Einatmung (PS) mit initial hohem FiO2 und i.d.R. physiologischen PEEP (3-5mbar)
- CAVE: Kontraindikationen beachten (vorrangig fortgeschrittene Vigilanzminderung, bedrohter Atemweg, Gesichtstrauma, massive Sekretansammlungen, unklares Abdomen, V.a. Pneumothorax)
- bei geringer Compliance aufgrund von Angst/Panik ist zur Anxiolyse die intravenöse Gabe von Morphin sinnvoll
- CAVE: Betäubungsmittel (Btm)
- CAVE: Beatmungsbereitschaft, Absaugbereitschaft
- NIV Beatmung – CPAP
Nützliches Wissen
[1] Oftmals wird eine episodische Obstruktion mit dem Auskultationsbefund „Giemen“ bei Kindern als Asthma fehlinterpretiert, was die Sorge bei Eltern auslöst, dass ihr Kind nun an Asthma erkrankt ist. In den meisten Fällen handelt es sich jedoch um infektbedingtes Giemen, z.B. im Rahmen einer Bronchitis, welches nach Genesung wieder abklingt.
[1] In den ersten 6 Lebensjahren giemen etwa 50% der Kinder intermittierend; nur ein Teil entwickelt tatsächlich ein Asthma bronchiale.
[1] Gleichzeitig ist Asthma bronchiale einer der häufigsten Erkrankungen im Kindesalter.
[1] Zu den wichtigsten Risikofaktoren bzgl. dem Entstehen und der Exazerbation des Asthma bronchiale ist die Exposition gegenüber Tabakrauch. Laut einer schottischen Studie ist nach Einführung eines Rauchverbots in öffentlichen Einrichtungen die Anzahl an asthmabedingten Krankenhausaufenthalten bei Kindern <15 Jahren um durchschnittlich 18% gesunken.
[6] Einer der zuvor genannten Differentialdiagnosen ist die Vocal Cord Dysfunction (VCD), deren Symptome eines Asthmanfalls sehr ähnlich sein können. Es wird vermutet, dass 2,5 – 22% der Patienten, die mit Asthma bronchiale diagnostiziert worden sind eigentlich an einer Vocal Cord Dysfunction leiden, vorrangig Frauen.
[6] Bei der Vocal Cord Dysfunction sorgen kleinste Mengen an Säure und Magenflüssigkeit, dass sich die Stimmlippen schließen. Dies kann ebenfalls durch Sekretion aus Nase und Nasennebenhöhlen geschehen. Das Verschließen der Stimmlippen ist als Schutzmechanismus zu betrachten.
Die Vocal Chord Dysfunction ist vielen in der Präklinik noch unbekannt 😲
Quellen
- [1] https://viamedici.thieme.de
- [2] https://wisspo.de
- [3] http://medi-know.org
- [4] https://www.dbrd.de/images/aktuelles/2023/08-01/Anlage_-_SAA_und_BPR_2023.pdf
- [5] https://dbrd.de/images/algorithmen/DBRDAlgo24_Web9_2.pdf
- [6] https://www.uke.de/krankheitsbild/vocal-cord-dysfunction.html
Disclaimer: „Paramic – Notfallmedizin zum Anhören“ gibt keine Garantie für Vollständigkeit und Richtigkeit der Informationen. Die Informationen auf dieser Seite richten sich ausschließlich an ehren- und hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst und an Rettungsdienstfachpersonal in Ausbildung. Der Autor ist bemüht sich stets auf Leitlinien, Handlungsanweisungen und bereits publiziertes Fachwissen zu berufen, übernimmt jedoch keine Haftung bei etwaigen Schäden, welche durch Maßnahmen auf Basis der hier veröffentlichten Beiträge entstanden sind.
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